Archiv für den Monat: November 2018

Wenn die Gedanken nicht mehr frei sind

Bild: DAI Heidelberg

Miriam Meckel sprach auf dem International Science Festival „Geist Heidelberg“ über die schöne neue Welt des „Brainhacking“.

Sind wir eines Tages vielleicht nicht mehr Herr über die Gedanken in unserem Kopf? Dieser zentralen Frage widmete sich die Professorin und Herausgeberin der Wirtschaftswoche Miriam Meckel an einem der symbolträchtigsten Orte für das freie Denken in Heidelberg – der Alten Aula.

Das Internet gilt inzwischen als das technische Rückgrat fast aller Lebensbereiche. Warum also nicht auch das Gehirn daran anschließen? Aus Sicht der Technologie-Historie spräche jedenfalls einiges dafür, dass dies eines Tages passieren werde, so die Professorin. Vielleicht seien wir sogar gezwungen dazu, um mit den künstlich intelligenten Maschinen mithalten zu können. Es gäbe immer mehr Maschinen, die zunehmend Domänen eroberten, die bisher ausschließlich dem Menschen vorbehalten waren. Anders gesagt: Wenn die Software schöner dichtet als der Mensch, was macht uns dann noch aus?

Gedanken „lesen“, Gedanken „schreiben“ und die „Vernetzung“ von Gehirnen, all das fände bereits statt, so Meckel. Probanden von „BrainGate“, einem Projekt zur Erforschung von Gehirn-Computer-Schnittstellen, die am Locked-in-Syndrom (einer fast vollständigen Lähmung des Körpers) leiden, hätten gelernt, per Gedanken eine Roboter-Protese zu steuern – mit überwältigender emotionaler Resonanz über das Ergebnis. „Ich habe mich gefühlt wie der Mensch, der ich einst gewesen bin“, zitierte Meckel eine Probandin.

Auch das Schreiben von Text mit der reinen Kraft der Gedanken sei bereits möglich. Facebook entwickle ein Gerät, mit dem sich 100 Wörter pro Minute allein durch Gedankenkraft diktieren ließen. „Das ist schneller als mancher Mensch denkt“, so Meckel.

Doch an einer solchen neuen Schnittstelle lauern für sie auch die größten Gefahren. Sind alle Worte, die am Sprachzentrum ankommen, dann auch für die Öffentlichkeit freigegeben? Bzw. für Facebook? Zuhause „Briefe vor sich hinzudenken“ sei eine durchaus bequeme und verlockende Lifestyle-Option, doch entstünde dadurch nicht z. B. auch ein neuer Markt im Gehirn? Wollen wir Facebook wirklich bis in die Tiefen unserer Gedankenwelt vordringen lassen?

Meckel warnte vor dem „Bild der Maschine“, das über das, was den Menschen eigentlich ausmache, „das Nicht-Binäre“, gestülpt werde. Medizinische Fortschritte seien hingegen sorgfältig abzuwägen, z. B. im Bereich der Optogenetik, wo sich bei Mäusen durch die gezielte Manipulation von Hirnarealen per Laser Depressionen lindern ließen. Und auch ein „organisches Internet“ gäbe es schon. Zwei Ratten hätten in Experimenten bereits „Gedanken“ über das Internet ausgetauscht. Das Lernmuster zum Lösen einer einfachen Konditionierungsaufgabe wurde per Internet von einem Rattenhirn auf das andere Rattenhirn übertragen.

Mit Experimenten wie diesen sieht Meckel auch den Menschen eine „neue existenzielle Dimension“ ansteuern, nämlich die Möglichkeit eines „kollektiven Bewusstseins“ und eines „gemeinsamen Denkens“. Die Fragen, die damit entstünden: Was bedeutet in einem solche Prozess Identität? Kann ich mich dann überhaupt noch selbst erkennen?

Die Idee des Individuums der Aufklärung sei in Gefahr, so Meckel. Ein „Kampf um die Ressource des Denkens“ könne entstehen, der Geist – zur „Ware“ degradiert – zur „Wettbewerbszone“ verkommen. Damit wären wir im Zeitalter des „Neurokapitalismus“ angekommen.

Es läge an uns, zu entscheiden, was wirklich passieren soll, so Meckel. Eine „Reduktion von Komplexität“ durch eine neue Technik sei nicht wünschenswert.

Und auch wenn diese Entwicklung für uns im Alltag noch weit weg sei, so gelte es jetzt die richtigen Entscheidungen zu treffen. Miriam Meckels Plädoyer: „Denken Sie nach! Sie haben die Freiheit dies zu tun.“

Der viel zu rasante Fortschritt?

Bild: DAI Heidelberg

Im Rahmen des International Science Festival „Geist Heidelberg“ diskutierte Wirtschaftsjournalist Thomas Schulz mit Heidelberger Vertretern aus Wirtschaft und Medizin über die neue digitale Datenmedizin aus dem Silicon Valley.

„Was ist das nächste große Ding?“. Mit dieser Frage eröffnete der Spiegel-Journalist und langjährige Silicon Valley-Korrespondent Thomas Schulz (neues Buch: „Zukunftsmedizin“) seinen Vortrag über die neue digitale Medizin aus Kalifornien. Eine Frage, die dort offenbar täglich gestellt wird. Und um das herauszufinden, gibt es wohl nur einen Weg: „Follow the money“, so Schulz und ließ die Zahlen purzeln: 1 Milliarde US-Dollar Startkapital für „Grail“, einem Biotechnologie-Startup, das eine Krebs-Früherkennung per Bluttest entwickelt, 500 Millionen US-Dollar für die Erzeugung von menschlichen Organen aus dem 3D-Drucker, 600 Millionen US-Dollar für den Chan Zuckerberg Biohub, einem Gemeinschaftskonsortium der Universitäten Berkeley, UCSF und Stanford, das an der Entdeckung neuer Zelltypen arbeitet, und nochmal 1 Milliarde US-Dollar für Calico von Google, einem Biotechnologie-Unternehmen, das den menschlichen Alterungsprozess aufhalten will.

„Wenn Sie ein kluger Kopf sind und mit einer guten Idee zur Sparkasse gehen, dann bekommen sie dort vielleicht 500.000 Euro. Im Silicon Valley unter Umständen gleich 50 Millionen Dollar. Wo würden Sie dann hingehen?“, wies Thomas Schulz auf die extremen Unterschiede der Investment-Kultur in Deutschland und dem Silicon Valley hin, einer ganz besonderen Mischung aus „Utopismus und Kapitalismus“.

In seinem einführenden Vortrag betonte er vor allem die Schnelligkeit der Entwicklungen, die dort gerade stattfinden. Die Genschere CRISPR/Cas habe nach fünf Jahren Entwicklungszeit ihren ersten Einsatz am Menschen erlebt. Früher hätte so etwas mind. 30 Jahre gedauert, so Schulz. Die Entwicklung des Fortschritts verlaufe exponentiell, es gelte das Prinzip der „Konvergenz“, also das Zusammenfließen von Erkenntnissen aus unterschiedlichen Wissenschaftsbereichen. Dabei mache die Rasanz der Forschungen der letzten Jahre auch ihn nachdenklich. Selbst gestandene Größen der Tech-Szene würden mitunter einwerfen, man verstehe gar nicht mehr, was da eigentlich gerade passiert, verwies Schulz auf ein Gespräch mit Larry Page, dem Geschäftsführer von Google.

„Es ist der Mensch und nicht die Maschine, die uns rettet!“, gab es einen lautstark aus dem Publikum vorgetragenen Einwand. Thomas Schulz bat um Geduld, verwies auf die nachfolgende Diskussionsrunde und lies dann Beispiele folgen, wo die Maschine erwiesenermaßen besser sei als der Mensch, zum Beispiel beim Hautkrebs-Screening und dem Erkennen von krankhaften Strukturen im Allgemeinen. Brauchen wir also in Zukunft vielleicht gar keine Radiologen mehr?

An diesem Punkt traten Prof. Dr. med Jürgen Debus von der Radiologischen Universitätsklinik Heidelberg und Dr. Friedrich von Bohlen, Geschäftsführer von Molecular Health, einem Unternehmen für datengestützte Präzisionsmedizin, auf. „Das ist was dran“, konstatierte Jürgen Debus nüchtern. Die Frage sei aber: „Was mache ich daraus?“. Die Maschine könne vieles besser, sie sei in vielem sicherer, aber sie sei eben nicht intelligent. Eine Maschine finde statistische Korrelationen (Wahrscheinlichkeitszusammenhänge), aber die Kausalität (Beziehung zwischen Ursache und Wirkung), die müsse immer noch der Mensch herstellen. „Mehr Freiraum für Entscheidungen“, wie Thomas Schulz es formuliert, würden die Maschinen aber in jedem Fall liefern.

Friedrich von Bohlen sieht im Computing die nächste große Medizin-Revolution, die „völlige neue Dimensionen“ in der Medizin sichtbar mache, z. B. neue Muster von Mutationen in der Krebsdiagnostik, die sich dann doch mit Verlaufsdaten und Lifestyle-Daten koppeln ließen.

Jürgen Debus betonte die Notwendigkeit „den Patienten insgesamt zu modellieren“ und dazu seinen möglichst viele Daten unabdingbar. Der Wissensschatz der Medizin sei heute so groß, dass ihn kein Mensch mehr überblicken könne. Die Radiologen von heute seien dermaßen spezialisiert, dass für die Bestrahlung eines Hirntumors und die Bestrahlung eines Prostatatumors zwei unterschiedliche Experten notwendig seien, die auf ihrem jeweiligen Fachgebiet kaum miteinander kommunizieren könnten.

Doch der freie Umgang mit medizinischen Daten birgt auch viele Gefahren, allen voran beim Datenschutz. Die Debatte um die elektronische Gesundheitsakte in Deutschland ist dafür ein Musterbeispiel.

Friedrich von Bohlen hofft darauf, dass sich das Problem vielleicht anders lösen lasse, z. B. indem die Patienten ihre Daten in Zukunft selbst auf dem Handy mit sich herumtragen. Es gebe ja heute bereits USB-Sticks, „da spucken Sie drauf, und ein paar Sekunden später haben Sie ihren DNA-Fingerabdruck in der Hosentasche.“ Für Jugendliche sei das Smartphone eh schon der Mittelpunkt ihres Lebens. Jürgen Debus sah an diesem Punkt schon eine „Anmache 4.0“ aufziehen: „Homozygot mit blauen Augen, na, wie wäre es mit uns beiden?“, warf er mit einem Schmunzeln ein.

Das sehr ernste Problem dahinter nennt Thomas Schulz „Konsumenteneugenik“. Jürgen Debus betonte, dass man die Menschen darauf vorbereiten müsse, was es bedeute „wenn man sein Genom ins Internet stellt“. Neue Technologien dürften „nicht einfach freigeschaltet“ werden.

Die neuen Technologien seien „an sich nicht gefährlich“ sagte Friedrich von Bohlen, aber könnten sich nur wenige Menschen darunter auch etwas vorstellen. Grundsätzlich sei der technologische Fortschritt nicht aufzuhalten.

Auf die Frage, wie das Gesundheitssystem mit der neuen Datenmedizin umgehen solle, plädierte Friedrich von Bohlen für neue „Belohnungsstrukturen“, die vor allem „langfristig“ angelegt sein müssten. Es müssten Anreize geschaffen werden, die Daten frühzeitig ins System zu spielen. Patienten könnten dafür z. B. in Form von Kryptowährung ausgezahlt werden, sagte er. Vielleicht hätten wir später mal einen „technischen Arzt“ und einen „menschlichen Arzt“, die beide zum Wohl des Patienten zusammenarbeiteten.

Die Daten-Doktoren

Bild: DVA

In seinem neuen Buch „Zukunftsmedizin“ stellt Thomas Schulz die Vision des Silicon Valley für die Medizin von morgen vor, und dabei wird klar: Für die Tech-Entrepreneure ist Gesundheit in Zukunft vor allem eine Frage von Daten.

Die Informatik erobert die Medizin. So nüchtern ließe sich das Buch von Thomas Schulz zusammenfassen. Doch in der Sprache der Tech-Visionäre aus Kalifornien klingt die neue Ära der Computermedizin eher nach der Verwirklichung einer wilden Science-Fiction-Utopie als an schnöde Rechenleistungen. Das Silicon Valley, so möchte man fast sagen, träumt die Medizin neu, und dieser Traum erwächst aus der radikal neu gedachten systematischen Erhebung, Auswertung und Verknüpfung von Daten über den menschlichen Körper.

Es ist die Idee von einem Körper, der in seine kleinsten digitalen Einheiten aufgelöst wird und unter dieser Perspektive als frei programmierbares „Betriebssystem“ erscheint. Was sollte die DNA anderes sein als ein ausgeklügelter „Code“ für die Grundbausteine des Lebens? Und dienen nicht alle Körperfunktionen der Übertragung von Informationen wie auf einer (digitalen) Datenautobahn? Funktioniert die CRISPR/Cas-Methode nicht im Prinzip wie ein „Textverarbeitungsprogramm am Computer“ nach dem Befehl „Suchen und Ersetzen“?

Und auch wenn sich mit dem Ende des Humangenomprojekts 2003 der Traum von einem einfachen genetischen Determinismus nicht erfüllt hat, so war das Projekt doch der Anfang für eine neue systematische Vermessung des menschlichen Körpers. Heute stehen neben der DNA auch das Proteom (Gesamtheit aller Proteine des menschlichen Organismus) und das Mikrobiom (Gesamtheit aller Mikroorganismen im menschlichen Organismus) im Zentrum wichtiger Forschungen des Wissenschaftszweigs der „Systembiologie“, die mithilfe von Computermodellen den Körper als Ganzes zu erfassen versucht.

Für ihre Vision einer neuen digitalen Medizin gilt im Silicon Valley das Prinzip der „Konvergenz“, d. h. das Zusammenfließen von Erkenntnissen aus unterschiedlichen Wissenschaftsgebieten wie der Genetik, Biotechnologie, Medizin und Informatik zu neuen Ansätzen der Wissenserschließung und -aufbereitung. In diesen Tagen sollen das maschinelle Lernen und die künstliche Intelligenz endgültig das Zeitalter einer neuen Biomedizin einläuten, deren langfristige Erfolge z. B. so aussehen könnten: Abwehrzellen werden gentechnisch gezielt gegen Tumoren hochgerüstet, neue diagnostische Bildgebungsverfahren liefern Live-Einblicke in biologische Nanoprozesse und hochaufgelöste Bilder des Körpers fördern Zelltypen zu Tage, die bisher noch überhaupt nicht bekannt sind.

Hinter all diesen Bemühungen steht der Traum von einer personalisierten Medizin, also weg von Massentherapien und -therapeutika, die für den Patientenschnitt eine möglichst gute Wirksamkeit bei möglichst geringen Nebenwirkungen versprechen, hin zur fein auf das Individuum abgestimmten Präzisionsmedizin. Die Grundlage dafür: Daten, Daten und nochmals Daten.

Neu an der aktuellen Entwicklung ist auch, dass die geplante „Revolution“ der Medizin diesmal von Start-ups ausgeht, Biotechnologie-Startups, die damit ein Hochrisikogeschäft eingehen, da große Durchbrüche in der Medizin relativ selten sind. Bei einem möglichen Erfolg zur Behandlung von Krebs oder Alzheimer, Bereiche also, in denen die „konventionelle“ medizinische Forschung schon seit Jahrzehnten nur mühsam vorankommt, winken jedoch Milliardengewinne. Es ist eine riskante Wette, doch im Silicon Valley sehen sie die Zeit für einen datengetriebenen medizinischen Paradigmenwechsel jetzt gekommen. Und der Wettlauf ist in vollem Gange.

So will das Medizin-Unternehmen Moderna nicht eine einzige Therapie, sondern gleich Hunderte davon entwickeln. Das Unternehmen sieht sich als „Medizin-Plattform“ und vertritt den Anspruch, die gesamte Biologie des Körpers systematisch verstehen und medizinisch manipulieren zu wollen. Der Schlüssel dazu liegt für die Forscher in der mRNA des Körpers, die eine zentrale Rolle bei der in der DNA codierten Proteinbiosynthese spielt. Moderna entwickelt dabei „weder chemische Lösungen (d. h. Moleküle wie in der Pharmaindustrie) noch biologische Lösungen (wie etwa Antikörper oder rekombinante Proteine). Stattdessen wollen die Moderna-Forscher, wie in der IT üblich, eine Art Code, also Anweisungen schreiben, die die Zellen so programmieren sollen, Proteine herzustellen und Krankheiten zu bekämpfen. Damit wird der Körper zur eigenen Medikamentenfabrik“, schreibt Schulz.

Moderna ist nur ein Beispiel für die neue Art, Medizin zu denken. Was im ersten Moment faszinierend klingt, muss sich in langjährigen klinischen Studien erst noch bewähren. Doch es gibt bereits erste Erfolge – und die Milliarden der Wagniskapitalgeber fließen.

So arbeitet auch Google mit Verily an einer „Infrastruktur für die digitale Gesundheitswelt“, die den Menschen in seinem Innersten immer genauer vermessen will, z. B. mithilfe von minituarisierten Sensoren, die am Handgelenk getragen, in der Kontaktlinse verbaut oder auch in der Badewanne installiert sind. Alle Daten sollen verknüpft und spezifischen Krankheitsbildern zugeordnet werden. „Proaktive Medizin“ heißt das Zauberwort, mit der Krankheiten im Alltag erkannt werden sollen, bevor Sie ausbrechen. Die Daten der menschlichen Biologie sind dazu der Schlüssel. Auf einer (Cloud-)Plattform sollen sie zusammengeführt werden, KI und maschinelles Lernen besorgen die Analyse.

Doch bei aller Faszination über die neuen Möglichkeiten stellt Thomas Schulz auch die schwierigen Fragen. Was kann die digitale Medizin wirklich leisten und wer kann sie sich überhaupt leisten? Was fängt der Mensch mit seiner neu gewonnenen Macht an? Und wer profitiert am Ende wirklich davon? Die ethischen Fragestellungen sind gewaltig, sollte der Mensch einmal in der Lage sein, das eigene Erbgut zielsicher zu manipulieren oder sogar zu steuern.

Thomas Schulz liefert in seinem Buch unzählige Beispiele, wie die Medizin im Silicon Valley gerade neu erfunden wird. Das alles könnte dazu führen, dass wir vielleicht einmal 200 Jahre alt werden. Im Valley träumen sie sogar von der Unsterblichkeit. Und so wirkt Vieles im Buch von Thomas Schulz noch wie eine irreal anmutende Zukunftsvision, auch ein bisschen wie eine ganz eigene „Ideologie“ von Medizin – mit entsprechendem Beigeschmack. Gleichzeitig scheint der Traum von einer neuen technologischen Ermächtigung über den Körper wie ein greifbares Heilsversprechen, dessen Verwirklichung man keine Sekunde aufschieben will. Im Valley haben Sie den Mut (und vor allem das Geld) das zu tun. In Deutschland warten wir derweil seit knapp 15 Jahren auf die Umsetzung der elektronischen Gesundheitsakte.

Aufgrund der gewaltigen technologischen Veränderungen kann das Buch des Spiegel-Reporters, der die Entwicklung der Tech-Branche im Silicon Valley schon seit vielen Jahren journalistisch begleitet, nichts anderes sein als eine Diskussionsgrundlage, und dazu taugt es sehr gut. Dem Buch gelingt es, allgemeinverständlich dem Leser eine Idee davon mitzugeben, wie grundlegend anders Medizin in der Zukunft aussehen könnte.

Auch fordert Thomas Schulz Deutschland dazu auf, den schwierigen Weg einer digitalen Medizin unbedingt mitzugehen. Eine mögliche Strategie, dem unberechenbaren Wandel Herr zu werden zu, sieht er in einem Zitat aus einer Rede von Richard von Weizsäcker vom 24. Mai 1989 zum 40. Jahrestag des Grundgesetzes: „Wichtig ist eine ungehinderte Information und eine breite Bewusstseinsbildung. Möglichste viele sollten möglichst viel wissen.“

Thomas Schulz hat mit seinem Buch einen ersten wichtigen Beitrag dazu geleistet.